Geschichte der Bibliothek
Die Anfänge
Lorenz Werthmann
Die Anfänge der Bibliothek reichen bis in das Jahr 1896 zurück. Lorenz Werthmann (1858-1921), der Gründer des Deutschen Caritasverbandes, ruft im Septemberheft der Zeitschrift Charitas zur Mithilfe beim Aufbau einer Bibliothek für das gesamte Gebiet der Wohlfahrtspflege auf. Die geplante Bibliothek war Teil seines Programms zur Organisation der katholischen Caritasarbeit in Deutschland. Auf der Generalversammlung der Katholiken Deutschlands in Neiße im Jahre 1899 formuliert er es folgendermaßen:
"Damit nun die hohen Ziele der christlichen Charitas besser erreicht und die Charitasjünger für ihre Aufgabe mehr befähigt werden könnten, wurde durch die Charitasbewegung die Parole ausgegeben: Es müsse unsere Charitas mehr publiziert, mehr studiert und mehr organisiert werden."
Für Wissenschaft, Studium, Aus- und Fortbildung sollte die Bibliothek die notwendigen Mittel bereitstellen. Gesammelt wurden nicht nur die Literatur zur Caritas, sondern ebenso zur Inneren Mission, zur jüdischen und interkonfessionellen Wohlfahrtspflege sowie zur staatlich organisierten Fürsorge. Auch Benedict Kreutz, von 1921 bis 1949 zweiter Präsident des Deutschen Caritasverbandes, sowie seine Nachfolger förderten die Bibliothek als Einrichtung für Wissenschaft und Berufliche Bildung. Heute ist sie eine der größten Spezialbibliotheken für Wohlfahrtspflege, Sozialwesen und Pflege und bietet für die Nachfrage nach aktueller Fachliteratur wie zur Erforschung der Sozialgeschichte einzigartige Bestände.
Aufbau und Ausbau
Heinrich Auer
1911 kam der Historiker Heinrich Auer (1884-1951) in die Bibliothek, zunächst als "Wissenschaftlicher Hilfsarbeiter". Seit 1913 war er hauptamtlicher Bibliothekar und von 1922 bis zu seinem Tod Direktor. Während seiner 40-jährigen Tätigkeit baute er den Bestand im Sinne des Gründungsauftrags von Lorenz Werthmann zu einer umfassenden Sammlung an Literatur zu allen Bereichen der Wohlfahrtspflege auf. Durch seine zahlreichen Kontakte ins Ausland, besonders nach Frankreich, legte er den Grundstock für den Bestand an älterer Literatur zur Wohlfahrtspflege des Auslandes. Aus seiner Sammeltätigkeit ging auch ein einmaliger Bestand an Literatur zu Vinzenz von Paul und Antoine-Frédéric Ozanam, dem Gründer des ersten Vinzenzvereins, hervor.
1939 erwarb die Bibliothek des Deutschen Caritasverbandes die Bibliothek des von der NSDAP aufgehobenen Instituts für Caritaswissenschaft an der Universität Freiburg durch Kauf, um sie in Sicherheit zu bringen. Bei Wiedereröffnung des Instituts im Jahre 1947 wurde sie zurückgegeben. Die Caritas-Bibliothek selbst überstand den Krieg bis auf wenige Verluste durch Auslagerung der Bestände seit 1942 im Zisterzienserinnenkloster Wald bei Sigmaringen und in einer Kapelle in Wellendingen im Kreis Rottweil.
Überregionale Bedeutung
Nach dem Krieg entschloss man sich 1951 aufgrund der Kriegsverluste vieler wissenschaftlicher Bibliotheken, die Bestände der Caritas-Bibliothek auch in der Fernleihe zur Verfügung zu stellen. Seither ist die Bibliothek dem Deutschen und Internationalen Leihverkehr sowie dem Kirchlichen Leihverkehr angeschlossen, seit 2003 auch der Online-Verbundfernleihe.
Als Konsequenz aus der Teilnahme am Leihverkehr wurde 1959 der gesamte Buchbestand an den Zentralkatalog Baden-Württemberg in Stuttgart gemeldet. Mitte der achtziger Jahre wurde der Zeitschriftenbestand aufgrund seiner Bedeutung für die sozialhistorische Forschung in die Zeitschriftendatenbank in Berlin aufgenommen. Seit 1992 ist die Bibliothek Teilnehmerin am Südwestdeutschen Bibliotheksverbund (SWB).